Am dritten Tag unserer England-Gartenreise stand ein ganz besonderer Garten auf unserer Besuchsliste. Wer kennt ihn nicht? Den berühmten Garten von Vita Sackville-West und ihrem Mann Harold Nicolson: Sissinghurst Garden.
Wer sich ein wenig mit der englischen Gartengeschichte beschäftigt, wird ihn natürlich sofort erkannt haben, den berühmten rosa-farbenen Turm, in dem Vita ihr Arbeitszimmer eingerichtet hatte und von dem man einen grandiosen Blick über den gesamten Garten mit seinen verschiedenen Gartenräumen hat.
Vita und Harold kauften Sissinghurst im Jahr 1930, nachdem sie bereits 15 Jahre lang in Long Barn gewohnt und dort ebenfalls einen Garten angelegt hatten. Aufgrund einer überalteten Erbfolgeregelung durfte Vita ihr eigentliches Elternhaus "Knole" nicht behalten und so stand im Jahr 1930 der Kauf des total heruntergekommenen Anwesens Sissinghurst zur Debatte.
Vita verliebte sich schon beim ersten Besuch des Anwesens unsterblich in die Anlage und sah trotz der Unmengen von Müll und Gestrüpp, die sich hier vorfinden ließen, bereits das unglaubliche Potential, das Sissinghurst mit seinen verschiedenen Gebäuden bot. Harold war zunächst etwas zurückhaltender, ließ sich dann aber schnell von Vita von den ungeahnten Möglichkeiten überzeugen.
Vita brauchte für ihre publizistische Arbeit als Buchautorin immer wieder neue Sinneseindrücke und ihre beiden Söhne sollten schließlich reiten können. Sissinghurst bot mehr hierfür genügend Raum - und Platz für Pferde!
Die Idee für den berühmten "Weißen Garten" hatte Vita bereits im Jahr 1939, der Ausbruch des zweiten Weltkrieges brachte diesen Plan allerdings zunächst zum Erliegen und erst 1949 griff Harold diese Idee wieder auf. Überhaupt war diese ungewöhnliche Ehe ein ganz besonderer Glücksgriff für beide. Harold entwarf die Pläne für Sissinghurst Garden, legte Sichtachsen an und kümmerte sich um alle architektonischen Gegebenheiten dieses Prachtgartens und Vita war diejenige, die alles mit großzügiger Hand bepflanzte.
Sie wollte überbordende Beete, verträumte Sitzplätze, einen wahren Dschungel von Kletterpflanzen und natürlich Unmengen von Rosen. Wenige kreative Ideen wurden wohl je so überzeugend umgesetzt wie diese.
Ob Weißer Garten, Nussgarten, Bauerngarten, Rosengarten, Obstgarten oder der Lindengang - alle Gartenräume sind in Sissinghurst aufgefädelt wie kostbare Perlen auf einer Kette. Die einzelnen Gartenräume wurden zum Lustwandeln genutzt wie einzelne Räume eines Wohnhauses. Unter freiem Himmel spielte sich - zumindest teilweise - auch das Leben der ganzen Familie ab.
Die einzelnen Gebäude waren alle in den Alltag integriert. Die Familie musste rund ums Jahr jederzeit den ganzen Garten durchqueren, um die einzelnen Wohnräume zu erreichen - ein Zustand, den viele Freunde der Familie für nicht komfortabel erachteten.
Vom Turm aus bietet sich ein atemberaubender Blick über den Garten mit seinen verschiedenen Gartenräumen und ein prachtvoller Ausblick in die Kenter Landschaft. Wir hatten bei unserem Besuch das Glück, dass wir eine "Early Bird Tour" ergattern konnten, so dass wir vor der eigentlichen Öffnung des Gartens in vier kleinen Gruppen durch den Garten streifen konnten und so die Gelegenheit hatten, alle Gegebenheiten ohne den unglaublichen Besucherstrom bewundern zu können, der sich normalerweise durch den Garten ergießt.
Fast 200.000 Besucher wandeln nämlich jedes Jahr durch Sissinghurst Garden - kein Wunder, bei all dieser Pracht.
Auf Harolds Gedenktafel im Torbogen ist zu lesen: "Hier lebte Vita Sackville-West, die diesen Garten schuf". Man merkt es tatsächlich auf Schritt und Tritt.
Ich bin mir sicher, dass viele von Euch auch bereits in den Genuss genommen sind, diesen außergewöhnlichen und weltberühmten Garten besichtigen zu können. Wie habt Ihr diesen Traumgarten erleben dürfen? Ward Ihr im Frühling dort, wenn alles von Narzissen und Frühlingsblühern nur so strahlt oder habt Ihr den Garten zur Rosenblüte erlebt? Wir waren für den weißen Garten sicherlich zur besten Jahreszeit da - alles sah einfach umwerfend aus. Und das, obwohl auch hier die wochenlange Trockenheit nicht ganz ohne Folgen verlaufen war.
Beim nächsten Mal unterbrechen wir meine kleine England-Tour und ich berichte Euch über das 3. Gartenblogger-Treffen in Münster bei Volmary....